Seit Wochen fühlte sich die Formel 1 bemüßigt, Charles Leclerc nach seinem besonders in Qualifyings schwachen Saisonstart in Frage zu stellen. Das hat Ferraris Star-Pilot auch selbst bemerkt. Am Freitag in Miami schien er die Situation mit einem Dreher im Training noch schlimmer zu machen. Aber dann schlug er zurück.

Startplatz zwei krallte sich Leclerc im Qualifying für den samstäglichen Sprint. Praktisch mit einem Kaltstart nach dem Dreher auf seiner zweiten fliegenden Runde im Training raus aus Kurve 16. Ein langsamer Dreher war es gewesen, ohne Mauerkontakt, aber dadurch stand der Ferrari an einer engen Stelle entgegen der Fahrtrichtung. Leclerc scheiterte mit einem Wendemanöver und musste schließlich aussteigen.

Albtraum-Szenario an einem Sprint-Wochenende, wo die nächste Session direkt ein Qualifying ist. "Wir dürfen auch nur einen Satz Reifen in SQ1 verwenden, also war es richtig schwierig", so Leclerc. Sobald es losging, konnte er nur mehr Kleinigkeiten wie den Anstellwinkel des Frontflügels ändern lassen.

"Aber sofort hatte ich ein gutes Gefühl", ist Leclerc erleichtert. Ein großer Quersteher beim ersten Versuch in SQ1 sowie ein leichter Mauerkuss in Kurve 16 blieben ohne Folgen. Je länger das Sprint-Qualifying dauerte, desto besser kam Leclerc in den Rhythmus. Das gipfelte beim Showdown in Platz zwei mit nur 0,108 Sekunden Rückstand, obwohl es die erste (und einzige) fliegende Soft-Runde für Leclerc am ganzen Wochenende war.

Leclerc-Ansage: Erste Sprint-Startreihe & Ausgleich mit Sainz

Zwar streute er auf dieser letzten Runde einen Fehler in der ersten Kurve ein, doch alle Fahrer hatten auf dem Soft in SQ3 zu kämpfen. Leclerc holte trotzdem mehr raus als alle bis auf Polesetter Max Verstappen: "Die harte Arbeit, die ich im Saisonverlauf investiert habe, um die Reifen ins richtige Fenster zu bekommen, hat sich bezahlt gemacht."

Seit dem Saisonstart haderte Leclerc nämlich mit dem Ferrari SF-24. Dessen neue reifenschonende Qualitäten im Rennen veränderten das Anwärm-Verfahren signifikant, und Teamkollege Carlos Sainz verstand das im Qualifying lange schlichtweg besser. Doch nach dem China-Qualifying hat Leclerc jetzt zum zweiten Mal in Serie die Oberhand behalten - und intern wieder auf drei zu drei gestellt.

Das Gerede darüber ist ihm nicht entgangen: "So viel wird geredet. Du bist in diesem Sport natürlich nur so gut wie dein letztes Rennen. Wenn du zwei Rennen in Serie hast, in denen du im Qualifying schlecht bist, beginnen die Leute zu reden. Gut, das abzustellen."

"Natürlich müssen wir jetzt an der Konstanz arbeiten und sicherstellen, dass wir auf diesem Niveau bleiben und die Reifen konstant ins richtige Fenster bekommen", ergänzt Leclerc. Und schiebt nach: "Wie ich das in der Vergangenheit geschafft habe."

Leclerc vor Sprint planlos, Sainz besorgt

In Miami hat er dank des Sprint-Formats ausreichend Gelegenheiten, um sich weiter zu beweisen. Morgen folgt noch das Qualifying für den Grand Prix. Davor aber erst einmal ein Rennen - und das wird für Leclerc als Spätfolge des Trainings-Patzers genauso nicht leicht. Er hat keine einzige Runde mit vollen Tanks gefahren.

"Platz eins!", scherzt er bei der Frage nach seinem Ziel für den Sprint. "Ich habe keine Ahnung bezüglich Rennpace. Ich hoffe, wir können einen guten Sprint haben und dann gute Pace, damit wir für das Rennen am Sonntag hoffen können." Zum Glück öffnet sich 2024 nach dem Sprint das Parc ferme - bei Bedarf kann Leclerc also das Setup umbauen.

Ferrari-Fahrer Carlos Sainz Jr.
Carlos Sainz tat sich in Miami im Sprint-Qualifying schwer, Foto: LAT Images

Etwas, über das Teamkollege Carlos Sainz wohl jetzt schon nachdenken wird, noch bevor der Sprint überhaupt gefahren wurde. "Wir hatten einen seltsamen Verhaltenswechsel des Autos von FP1 zum Sprint-Quali", beklagt er sich. Dreieinhalb Zehntel fehlten ihm auf Leclerc im letzten Schuss nach einem großen Fehler in der Haarnadel. "Das müssen wir uns anschauen."